Mittwoch, 29. März 2006

Dingsda

"Schatz ? Guck mal ! Ein Schraubenschlüssel! Buchstabier doch mal Schrau-ben-schlüs-sel für mich, ja ?"
"Du bist doof !"

So oder so ähnlich würde es sich zugetragen haben, wäre Antje meine Angetraute, und wir zusammen im Baumarkt. Ist sie aber nicht. Zum Glück. Denn Antje treibt mich in den Wahnsinn.

Eigentlich wollte ich ja nur eine DVD brennen. Im Büro. Nein, keine Schweinebilder. Auch keinen verschwommenen Film, den ein bekiffter Epileptiker im Kino mit seiner Handy-Cam mitgeschnitten hat. Eine Datensicherung. Eine ganz einfache Datensicherung. Ein ganz klein wenig eilig, weil der Kurier schon mit den Hufen scharrte.

Nun muss man wissen, dass CD- und DVD-Rohlinge in unserem Haus schon lange nicht mehr mit simplem Gold aufgewogen werden, sondern mit Palladium. Zumindest solange kein goldgepresstes Latinum verfügbar ist.

Also schlappt der oberste Pixelschubbser die Treppen runter in die Hardwareabteilung.

"Du Antje, ich bräucht mal ein paar DVD-Rohlinge !"
"Plus oder Minus ?"
"Naja, so zwei, drei Stück."
"Plus oder Minus ??"
"Mir doch egal, gib mir einfach soviele Du hast."
"Wart mal, wir haben da grad so ein neues Dings bekommen."
"Hmm."

Keine Minute später steht sie vor mir, mit einem Dings in der Hand. Es ist ein rundliches, annähernd zylindrisches Dings, umhüllt von einer Plastikschale. Und einer Folie. Der oberste Pixelschubbser ordnet das Dings in die Kategorie "DVD-Spindel, 50 Stück, noname" ein.

"Gib mir mal das Dings da, bitte" spricht Antje, und wedelt mit der freien Hand unbestimmt in die Richtung des Schreibtischs.

Einigermassen ratlos bewege ich mich in die angegebene Richtung, und ergreife willkürlich einen Stift.

"Nein, das andere !

Kurze Zeit später haben wir auf diese Weise ermittelt, dass es sich nicht um die Kaffeetasse, den Schlüsselbund, die drahtlose Maus, die angebissene Laugenbrezel und diverse andere Dinge handeln kann.

"Schere ?" versuche ich fragend vorzuschlagen. Und reiche ihr den Brieföffner.
"Sag ich doch !"

Während Antje mit dem einen Dings die Folie von dem anderen Dings bearbeitet, verlasse ich fluchtartig den Raum in Richtung Werkstatt, ich kann nämlich kein Blut sehen, und was sie da tut, schreit geradezu nach abgretrennten Gliedmassen. Ich bin noch nicht mal halb angekommen, als

"Autsch !"
*polter*
"Verdammter Mist ! So eine bescheuerte Verpackung !"

Umgedreht, zwei Schritte gemacht und erneut an ihrer Tür angekommen sehe ich Antje im Raum stehen. Umgeben von vielen lustigen silbernen Scheiben. In der einen Hand hält sie das Dings, auf dem die silbernen Dingse normalerweise sauber gestapelt werden. Mit dem Stiel nach unten. In der anderen hält sie das andere, spitze Dings. Ihr Zeigedings hält sie in den Mund, weil das spitze Dings offensichtlich bösartig war.

"Du, so viele wollte ich eigentlich gar nicht, ich such mir drei aus, ja ?" versuchte ich, die Situation aufzulockern. Schliesslich hält Antje nach wie vor den Brieföffner in der Hand.
Während ich grinsend auf dem Fussboden meine Rohlinge zusammensammele, grummelt es von hinter dem Schreibtisch hervor:

"Mist, das blutet ja, ich brauche ein Dings."
Stakkatoartig springen mir die Begriffe Hirntransplantation Feinmotorik und Sprachzentrum in den Sinn. Aber ich eile, an einem inzwischen deutlich angesäuerten Kurierfahrer vorbei in den Abstellraum, ein Pflaster besorgen. Auf dem Rückweg winke ich ihm damit kurz zu und rufe "schwerer Unfall, dauert noch einen Moment !" Er winkt müde ab. Vielleicht kennt er Antje ja schon länger.

Nach einem kurzen ambulanten Eingriff ist die kolossale Blutung gestillt und ich will schleunigst mit meinen hart erkämpften Silberlingen von dannen eilen. *... so gewähre mir drei Tage Zeit, bis ich den Server von Daten befreit, ich lass Dir den Kurier als Bürgen, ihn magst Du statt meiner erwürgen ...*

Noch nicht zur Tür raus schallt es in meinem Rücken:

"Hast Du einen Dings ?"
"Hmmm, ja, doch, ich glaube schon, aber ich bin nicht sicher." *Aber wieso zum Teufel willst Du das wissen, Du bist verheiratet, und so gar nicht mein Typ !*
"Dann nimm vorsichtshalber lieber einen mit, ich hab da noch einen roten."
"???" *Mein Kleinhirn meldet mir, dass dieser und der Satz davor nur auf sehr bizarre Weise zusammen passen könnten, sollte ich ihn korrekt verstanden haben, und ich halte wie vom Blitz getroffen inne*

Und Antje reicht mir mit einem strahlenden Lächeln ein Dings. Ein rotes. Wir nennen es der Einfachheit halber in der Zukunft Filzstift.
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a life less ordinary ?

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