Dienstag, 11. März 2008

Diamanten.

Gefunden in der Erde, sind sie teilweise faustgross. Ab ihrer Geburt werden sie bearbeitet. Sie werden geputzt, sortiert, katalogisiert.

Sie sind jetzt Diamanten im Rohschliff. Sie sehen ein wenig aus wie Kandiszucker. Kaum einer leuchtet und glitzert, aber die einzelnen Exemplare sind unterscheidbar. Aus den einen kann man etwas machen, die anderen haben Risse oder Sprünge und scheiden schon jetzt aus. Die verbleibenden Exemplare sind aber weit davon entfernt, perfekt zu sein. Perfekt wofür ? Für genau die Verwendung, an die jeder als Erstes denkt.

Und darum verbringen sie ihr zweites Leben, mit Kleber auf eine kleine Metallstange fixiert, zu einem glänzenden Brillanten geschliffen zu werden. Einer mit perfekten Facetten, kein Einschluss, keine Trübung soll übrig bleiben. Makellos.

Noch lange, bevor ihr Schliff den Augen eines Experten standhält, sind sie klein geworden. Uniform, man kann ebensogut zwanzig von ihnen nehmen und in ein Collier einsetzen wie man einen davon nehmen und in einen Ring einpassen kann. Einen Ring, wie ihn jeder hat.

Die Freude in ihren Augen war gross. Es war ihr erster Diamant. Aber er war schön, damals. Er sollte perfekt werden. Sie hat geschliffen, sie hat poliert. Es war viel Arbeit.

Zwanzig Jahre später sieht sie den Ring in der Schmuckschatulle liegen. Der Stein war gut, aber er war ein Erstlingswerk. Sie sieht es ihm an. Mit der heutigen Erfahrung sieht sie auch, wo sie falsch geschliffen hat, wo eine Facette das Feuer verringert hat, statt es zu verbessern. Wo sie besser hätte hinschauen müssen. Wo weniger mehr gewesen wäre.

Sie will noch immer den perfekten Diamanten haben. Sie findet, in ihrem Alter ein Recht darauf zu haben. Ihr Werkzeug ist längst besser.

Und sie nimmt den nächsten Stein in die Hand. Auch er ist vorgeschliffen, aber sie denkt, man kann es mal probieren. Diesmal macht sie es sorgfältiger. Sie überlegt genauer, lässt auch mal eine Facette weg, einen kleinen Grat stehen. Er wird ganz gut, nur perfekt wird auch er am Ende nicht.

Am Ende ihres Lebens hat die Goldschmiedin ein Collier. Jeder andere sieht den Glanz, den jeder einzelne Stein verströmt. Sie nicht, sie sieht die Fehler. Im nächsten Leben will sie Bildhauerin werden. Und sie wird aus mannshohen Marmorblöcken winzig kleine Schachfiguren schnitzen. Immer auf der Suche nach Perfektion.
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a life less ordinary ?

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