Donnerstag, 22. Mai 2008

Espressomaschinenkauf - wie ich zu Philosophie und Glauben fand

"Einen Baum pflanzen"
"Ein Kind zeugen"
"Ein Haus bauen"
"Lesen lernen"
"Gelegentlich duschen"

Viele Mitmenschen haben diese oder eine ähnliche Liste, die es vor Einsetzen der Altersdemenz abzuhaken gilt. Ich bin mit der Liste durch, der Grossteil ist erledigt, der Rest interessiert mich nicht. Was also tun ? Mich der vorzeitigen Vergreisung hingeben ? Bildung und Kultur zum Lebensziel erklären ? Wer will das. Nein, schon vor Jahren, als absehbar war, dass diese Liste für mich zu kurz ist, habe ich meine eigene Liste angelegt, Dinge, die ich haben will. Einfach haben. Besitzen. Und ich stehe dazu. Es gibt Dinge, die stehen dort seit weit über zehn Jahren drauf. Es gibt abgehakte Dinge, rausgestrichene Dinge, und Dinge, für die ich jeden Tag diesen Scheissjob mache.

Der Eintrag, der mich seit Jahren am meisten genervt hat, war die Espressomaschine. Steht schon ewig drauf. Einmal wurde ich schon vom Gong gerettet, das war, als die Senseo neu auf den Markt kam und ich das Geld, das eine richtige Maschine kostet, zumindest in Form von Kaffeepads ausgeben durfte. Aber so richtig abhaken konnte ich ihn trotzdem nicht.

Ostern war es dann soweit. Ab in den Laden mit den vielen Dingen, eine Maschine aus dem Regal ziehen, zahlen. Kann doch nicht so schwer sein. Pfingsten sah dann einen ausgewachsenen Ingenieur sich mit der Technik, Pflege und Aufzucht einer kleinen Auswahl von Kaffeevollautomaten befassen.

Nimmt man nun eine, wo die Brühgruppe rausnehmbar ist oder will man der versifften Milchdüse alle Wochen mit einer Wurmkur auf die Beine helfen ? Reicht es, Tassenfüllmengen programmieren zu können oder muss man sie stufenlos einstellen ? Ist der verstellbare Kaffeeauslauf hoch genug für meine vogelbadähnlichen Kaffeebecher ? All das sind Dinge, mit denen ich mich nie befassen wollte.

Die vorausgegangene Marktstudie hatte zwar nur drei potentielle Hersteller übrig gelassen, weiter allerdings hatte sie mich nicht gebracht, und zwar wegen absoluter Nichtvergleichbarkeit der Features und deren kreativer Bezeichnungen.

Wie soll man sich auch zwischen einer "Panarello-Aufschäumdüse" und einer "Tassen-Reling" (??) entscheiden ? Mit Logik kommt man hier nicht weiter. Also nahm ich Zuflucht im Aussortieren per Markennamen und ihrer philosophischen Verknüpfung.

"Jura", das klingt irgendwie alt, so als würden keine Würmer in der nicht rausnehmbaren Brüheinheit lauern, sondern ausgewachsene Sauropoden.
"DeLonghi" ist bei mir verknüpft mit Klimanalagen, ich will aber heissen Kaffee.
"Saeco" hingegen klingt nach einem Werkzeugkoffer aus dem Baumarkt.

Nachdem die italienische Plastikschmiede somit ausgeschieden war, stellte sich automatisch eine andere Frage. Will ich an der Maschine nichts einstellen können, aber ein dreibändiges Handbuch haben ? Dann müsste ich die Jura nehmen. Oder will ich lieber ein Menü mit rund 30 Parametern, dafür aber nur ein dreiseitiges Faltblatt ? Dann wäre die Saeco geeigneter.

Ich entschied mich für das dreiseitige Faltblatt und wuchtete den Werkzeugkoffer im Schweisse meines Angesichts in die Küche.

Und ich glaube mittlerweile einfach, die richtige Wahl getroffen zu haben. Mehr als Glauben bleibt mir ja auch nicht.

Ich stelle viel ein zur Zeit, teste diverse Parameterkombinationen. Ich rechne damit, gegen Mittwoch übernächster Woche erstmalig wieder schlafen zu können.
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a life less ordinary ?

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