Farblaserkühlschrank

Das Klingeln war anders als sonst. Es konnte weder Anton sein, der Standardpostbote mit dem Hang auf der Klingel einzupennen, noch dessen Urlaubsvertretung Waldemar, welcher die Klingel nur aus fünf Metern Entfernung anguckt und die Sendung grundsätzlich im Erdgeschoss abgibt.

Der capt'n hechtet vom Schreibtisch zur Tür, öffnet, und vor ihm steht ... ein schnaufender Kühlschrank mit Beinen der ihn fragt: 'bin i hier richtig bei castagir?'

'Jaha, das bin ich...' stammelt der capt'n, während sich der Kühlschrank durch die Türe in die Diele windet.

'I hob do a Lieferung für Eana' spricht der Kühlschrank in tiefstem Bayerisch und gleitet langsam zu Boden. Hinter ihm erscheint wie aus dem Nichts Goliaths Bruder. Auch er spricht bayerisch, während er die zerknüllten Lieferpapiere aus der Bauchttasche seines Blaumanns puhlt.

'Do unten müssens guiddieren' meint er und hält dem capt'n einen Stift hin.

Mittelmässig unausgeschlafen und schwankend zwischen Widerspruch und Respekt vor Goliaths Grösse wendet dieser vorsichtig ein 'Ich hab doch aber gar keine Waschmaschine bestellt, ist die vielleicht für meinen Nachbarn?'. Sekunden später ergreift ihn Angst um seine Spiegel, weil Goliath brüllend loslacht.

'Naaa, des is scho für Eana, und des is koa Waschmaschine, die war nu a weng schwerer, des is bloas a Drugger.'

Unterschrift und Trinkgeld später poltert Goliath immernoch glucksend die Treppe runter und der capt'n steht in seiner eh verbauten Diele und zwängt sich um den Karton herum.

Nach kurzer Beratung von Kleinhirn und Schlafzentrum wird beschlossen, sich Richtung Küche zu zwängen, einen gigantischen Eimer Kaffee anzurühren und das Problem als solches vorerst zu ignorieren.

Zwei Eimer Kaffee später geht der capt'n Richtung Diele um zu ergründen, ob Kartongrösse und Gewicht einhergehen. Ein kurzes Rütteln am Karton zeigt eindeutig, dass dieser mit dem Fussboden verschweisst ist und sich deshalb nicht bewegt... das Kleinhirn empfiehlt Duschen und Einkaufen, der capt'n stimmt zu.

Vom Einkaufen zurück zwängt sich der capt'n erneut am Karton vorbei in die Küche. Es beginnt ihm langsam zu stinken dass dieser Koloss seine Diele verstopft und als ihm einfällt dass er vergessen hat die Post mit hochzunehmen fällt ihm auf, wie oft er doch das Haus verlässt. Na gut, dann eben vorerst keine Post.

Nachdem er den Karton oben geöffnet und die Anleitung entnommen hat liest der capt'n, dass er für den Fall einer Rücksendung den Karton möglichst behalten solle. Behalten ??? In anderen Ländern wohnt da eine dreiköpfige Familie drin !!

Er zückt das Teppichmesser und macht mit einem Längsschnitt aus dem Karton einen begehbaren Schrank.

Schnee ? Mitten im August ? Wenn's sogar drinnen schneit muss es ziemlich kalt geworden sein ... der capt'n watet beinahe kniehoch durch Styroporkügelchen, die sich wie ein Tsunami aus dem Karton bis in die Küche ergiessen.

'Gut, muss ich mir wenigstens nicht überlegen, was die Putze Fussbodenkosmetikern / Facility Managerin nächste Woche macht' denkt sich der capt'n und schleift den Inhalt des Kartons ins Wohnzimmer. Er schleift, er trägt nicht, denn auch der Kartoninhalt ist fest mit dem Fussboden verbunden.

Mit sich zieht er eine Wolke weisser Schneeflocken was den Vorteil hat, das er im nur noch knöchelhohen Belag in der Diele nach und nach das gesamte Zubehör entdeckt.

Der für das Monstrum vorgesehene Platz würde ausreichen, wenn er nicht oben auf der bauchhohen Kommode wäre. Der capt'n wagt es trotzdem und wuchtet 36 Kilo Drucker auf die Ablage. Die Kommode knarzt jämmerlich, bricht jedoch nicht unmittelbar zusammen.

Die Betriebsanleitung ist sehr gut, leider dadurch ihre Oma-Tauglichkeit auch ein wenig länglich. Aber nur eine halbe Stunde später hält der capt'n zum ersten mal seinen Briefkopf in Farbe in der Hand. Wow, der Testabzug aus der Druckerei ist auch auf den zweiten Blick keinen Deut besser.

Und jetzt geht der capt'n Schneengel in seiner Diele spielen.

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