Gemüseschneider revisited
Der capt'n wurde mal wieder von Anton, dem Paketboten geweckt, mittags um halb drei, während er seinem wohlverdienten Mittagsschlaf frönte und das Sofakissen vollsabberte.
Anton hatte den Gemüseschneiderersatz gebracht.
Der capt'n war schlagartig nur noch im Halbschlaf und bereitete sich auf einen chirurgischen Eingriff vor.
Während der rituellen Waschungen rief er sich kurz das Verfahren ins Gedächtnis, Strom aus, Gehäuse auf, Karte raus, Karte rein, Gehäuse nicht zuschrauben weil beim ersten Test garantiert etwas nicht funktioniert.
Die Hände in Kopfhöhe haltend kniete er sich unter den Schreibtisch und studierte das Ersatzgehäuse, das ihm sein Dealer vor einer Woche unter den Tisch gestellt hatte, damit der Schreihals zumindest halbwegs leise blieb.
"Schöner Arsch, aber lass den Doktor erstmal den bösen Blinddarm entfernen" kommentierte er fachmännisch beim Anblick des Hochglanz-Lavierlacks, auf dem höchstens ein Millimeter Staub lag.
"Schraubenzieher" rief er nach rechts und streckte die Hand aus. "Schrau-ben-zie-her !!" brüllte er, und schnippte mit den Fingern. Der Papierkorb neben ihn sah ihn verständnislos an.
Hin und her gerissen zwischen der Unverschämtheit seines Gehilfen und der Möglichkeit, dass dessen Weigerung einen versteckten Hinweis enthalten könnte, überprüfte der capt'n das Gehäuse erneut. Hmmm. Keine Schrauben sichtbar, nur hier und da einige Fugen im Gehäuse die darauf hinwiesen, dass es sich hierbei wohl ähnlich zu diesen pädagogisch wertvollen Holzspielzeugen um ein 3D-Tangram handelte, wo man aus 20 wild geformten Teilen ohne Anleitung einen Ball oder einen Würfel bauen musste.
Versuchsweise drückte er eine Abdeckung zur Seite, zog hier und dort, keine Reaktion, der Patient war verstopft und überhaupt nicht kooperativ.
Die Worte "Brecheisen, Flex, Presslufthammer" kamen ihm in den Sinn, doch dann erinnerte er sich an seinen elektronischen Eid, der besagte, dem Patienten mit möglichst wenig Schmerzen zu helfen. Möglichst wenig Schmerzen war hier gleichzusetzen mit einem Stemmeisen aus dem Holzschnitzerwerkzeug.
Zwei verstörende Knirschgeräusche später war die linke Seitenwand entfernt und der capt'n besah sich den Rest des Mechanismus, der vermutlich zu einer zerstörungsfreien Öffnung geführt hätte. Er hätte eigentlich nur die Seitenwand erst reindrücken und dann in eine ihm unbekannte Richtung schieben müssen, während er mit der anderen Hand das Gehäuse am Umfallen hindert. Seine letzte von der Elektronikindustrie gesponsorte Weiterbildung auf den Fisdschis lag eindeutig zu lange zurück.
Alte Karte raus, das war früher mal einfach. Man schraubte eine Schraube weg, welche die Karte an der Rückwand fixierte, zog die Karte raus, und alles war gut und gottgefällig.
Die Sache hier lag anders. Der capt'n ignorierte den immer noch starr dreinblickenden Gehilfen und setzte sich seine Lupe mit eingebauter Taschenlampe auf. Die Schraube war da, gut. Sie war hinter einer seltsam geformten Schraubenabdeckung verborgen, die sich ebenso allen herkömmlichen Mechanismen entzog, einfach weggeschoben, umgeklappt, aus dem Weg gezogen zu werden, schlecht. Ein weit weniger verstörendes *knack* des kleinen Stemmmeisens später verschwand sie klappernd im unteren Teil des Gehäuses.
Der Rest wäre einfach gewesen, wäre sein Dealer nicht ein notorischer Steckerfestschrauber, dem zudem eine Lastwagenladung an Kabelbindern in die Werkstatt gekippt worden wäre.
Denn nicht nur, dass beide Monitore wie verschweisst mit der Karte waren und er beim Aufschrauben der Verbindungen die Staubschicht auf dem Gehäuse mit Schweisstropfen verzierte, der alte Gemüseschneider hatte zu allem Überfluss eine eigene Stromversorgung, vermutlich um mehr Lärm machen zu können. Dessen Kabel - sauberst aufgeräumt - in einem Strang anderer, völlig unbekannter Kabel, alle fünf Zentimeter mit einem Kabelbinder zusammengebunden war.
Der capt'n nahm den kleinen Seitenschneider, streckte geschlechtertypisch bei schwierigen Operationen die Zungenspitze heraus, und versuchte, beim Durchclipsen der Kabelbinder möglichst wenig andere Peripherie nachhaltig ausser Betrieb zu setzen.
Kurz darauf war es vollbracht. Der Patient hatte einen neuen, völlig geräuschlosen Blinddarm. Als er im Aufwachraum der Post-OP erwachte, machte der capt'n sich kurzzeitig Sorgen, weil der Patient so vollkommen stumm war - bis ihm einfiel, das dieser Effekt bei einer Blinddarmoperation vollkommen normal ist.
Notiz: Dealer anrufen, der Gehäuseschaden muss irgendwie ein Garantiefall sein.
Notiz: Anton, den Gemüsehändler mit angeschlossenem Reisebüro aufsuchen, er soll eine einwöchentliche Weiterbildung, bevorzugt in Strandnähe, raussuchen.
Anton hatte den Gemüseschneiderersatz gebracht.
Der capt'n war schlagartig nur noch im Halbschlaf und bereitete sich auf einen chirurgischen Eingriff vor.
Während der rituellen Waschungen rief er sich kurz das Verfahren ins Gedächtnis, Strom aus, Gehäuse auf, Karte raus, Karte rein, Gehäuse nicht zuschrauben weil beim ersten Test garantiert etwas nicht funktioniert.
Die Hände in Kopfhöhe haltend kniete er sich unter den Schreibtisch und studierte das Ersatzgehäuse, das ihm sein Dealer vor einer Woche unter den Tisch gestellt hatte, damit der Schreihals zumindest halbwegs leise blieb.
"Schöner Arsch, aber lass den Doktor erstmal den bösen Blinddarm entfernen" kommentierte er fachmännisch beim Anblick des Hochglanz-Lavierlacks, auf dem höchstens ein Millimeter Staub lag.
"Schraubenzieher" rief er nach rechts und streckte die Hand aus. "Schrau-ben-zie-her !!" brüllte er, und schnippte mit den Fingern. Der Papierkorb neben ihn sah ihn verständnislos an.
Hin und her gerissen zwischen der Unverschämtheit seines Gehilfen und der Möglichkeit, dass dessen Weigerung einen versteckten Hinweis enthalten könnte, überprüfte der capt'n das Gehäuse erneut. Hmmm. Keine Schrauben sichtbar, nur hier und da einige Fugen im Gehäuse die darauf hinwiesen, dass es sich hierbei wohl ähnlich zu diesen pädagogisch wertvollen Holzspielzeugen um ein 3D-Tangram handelte, wo man aus 20 wild geformten Teilen ohne Anleitung einen Ball oder einen Würfel bauen musste.
Versuchsweise drückte er eine Abdeckung zur Seite, zog hier und dort, keine Reaktion, der Patient war verstopft und überhaupt nicht kooperativ.
Die Worte "Brecheisen, Flex, Presslufthammer" kamen ihm in den Sinn, doch dann erinnerte er sich an seinen elektronischen Eid, der besagte, dem Patienten mit möglichst wenig Schmerzen zu helfen. Möglichst wenig Schmerzen war hier gleichzusetzen mit einem Stemmeisen aus dem Holzschnitzerwerkzeug.
Zwei verstörende Knirschgeräusche später war die linke Seitenwand entfernt und der capt'n besah sich den Rest des Mechanismus, der vermutlich zu einer zerstörungsfreien Öffnung geführt hätte. Er hätte eigentlich nur die Seitenwand erst reindrücken und dann in eine ihm unbekannte Richtung schieben müssen, während er mit der anderen Hand das Gehäuse am Umfallen hindert. Seine letzte von der Elektronikindustrie gesponsorte Weiterbildung auf den Fisdschis lag eindeutig zu lange zurück.
Alte Karte raus, das war früher mal einfach. Man schraubte eine Schraube weg, welche die Karte an der Rückwand fixierte, zog die Karte raus, und alles war gut und gottgefällig.
Die Sache hier lag anders. Der capt'n ignorierte den immer noch starr dreinblickenden Gehilfen und setzte sich seine Lupe mit eingebauter Taschenlampe auf. Die Schraube war da, gut. Sie war hinter einer seltsam geformten Schraubenabdeckung verborgen, die sich ebenso allen herkömmlichen Mechanismen entzog, einfach weggeschoben, umgeklappt, aus dem Weg gezogen zu werden, schlecht. Ein weit weniger verstörendes *knack* des kleinen Stemmmeisens später verschwand sie klappernd im unteren Teil des Gehäuses.
Der Rest wäre einfach gewesen, wäre sein Dealer nicht ein notorischer Steckerfestschrauber, dem zudem eine Lastwagenladung an Kabelbindern in die Werkstatt gekippt worden wäre.
Denn nicht nur, dass beide Monitore wie verschweisst mit der Karte waren und er beim Aufschrauben der Verbindungen die Staubschicht auf dem Gehäuse mit Schweisstropfen verzierte, der alte Gemüseschneider hatte zu allem Überfluss eine eigene Stromversorgung, vermutlich um mehr Lärm machen zu können. Dessen Kabel - sauberst aufgeräumt - in einem Strang anderer, völlig unbekannter Kabel, alle fünf Zentimeter mit einem Kabelbinder zusammengebunden war.
Der capt'n nahm den kleinen Seitenschneider, streckte geschlechtertypisch bei schwierigen Operationen die Zungenspitze heraus, und versuchte, beim Durchclipsen der Kabelbinder möglichst wenig andere Peripherie nachhaltig ausser Betrieb zu setzen.
Kurz darauf war es vollbracht. Der Patient hatte einen neuen, völlig geräuschlosen Blinddarm. Als er im Aufwachraum der Post-OP erwachte, machte der capt'n sich kurzzeitig Sorgen, weil der Patient so vollkommen stumm war - bis ihm einfiel, das dieser Effekt bei einer Blinddarmoperation vollkommen normal ist.
Notiz: Dealer anrufen, der Gehäuseschaden muss irgendwie ein Garantiefall sein.
Notiz: Anton, den Gemüsehändler mit angeschlossenem Reisebüro aufsuchen, er soll eine einwöchentliche Weiterbildung, bevorzugt in Strandnähe, raussuchen.
castagir - 4. Sep, 10:45
Wie genau heisst denn der neue Blinddarm?
Tut was sie soll, zwei TFTs in unendlich mal unendlich mit ner handvoll Farben ansteuern.